Erfahrungsberichte anderer Mentorinnen
Reports/experiences by other mentors


Es ist wirklich schade, dass es zu meiner Zeit so ein Netzwerk noch nicht gab. Als ich Doktorandin war, herrschte noch die allgemeine Meinung, dass eine Frau in der Wissenschaft - wenn sie tatsächlich eine Stellung bekommt - "mindestens doppelt so viel leisten" müsste wie ihre männlichen Kollegen und ein Familienleben gar nicht in Frage käme. Schon vor der Doktorarbeit stellten wir uns also die Frage nach "Beruf oder Familie". Und ich muss gestehen, dass ich mich schon damit abgefunden hatte, auf Kinder in meinem Leben zu verzichten. Durch das Netzwerk habe ich später Frauen meines Alters kennengelernt, denen es ähnlich erging. Es wäre für unsere Generation sicherlich sehr hilfreich gewesen wäre, wenn wir damals durch ein derartiges Programm die Gelegenheit zu einem so informellen Erfahrungsaustausch (über Bewerbung, Vorstellungsgespräche, Konflikte mit männlichen Vorgesetzten und Kollegen, etc.) gehabt hätten.

I really regret that there was no network like Minerva-FemmeNet when I was doing my PhD. Back then, the general opinion was that a woman who wanted to work in science – given that she was able to find herself a job – had to work at least twice as hard as her male counterparts. Of course she also had to abandon any ideas of having a family and a family life of her own. So even before we started our PhDs, my friends and I had to decide whether we wanted a scientific career or a family. And I have to admit that I had already resigned myself to the idea of not having any children of my own. Later on, I met other women in the Minerva network with similar experiences. I think my generation would have benefited immensely if there had been a programme like Minerva-FemmeNet – I am convinced that it would have helped us a lot if we had been able to talk to each other about our experiences with applications, job interviews, and conflicts with male superiors and colleagues in an informal manner.

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Ich habe während des Studiums das erste Kind und bald danach das zweite bekommen (beide inzwischen 26 und 23Jahre alt), konnte aber immer in der Wissenschaft tätig sein. Ich denke, dass ich auch solche "Fallen", in die ich hineingetappt bin, rechtzeitig erkennen kann und andere vielleicht davor bewahren kann. Ich hätte mir in vielen Situationen eine Mentorin gewünscht, so dass ich gern bereit bin, meine Erfahrungen weiterzugeben.

I had my first child while still studying at university, and my second shortly after graduation (they are now 26 and 23 years old). But in addition to having my own family, I have been able to work in academia for all of my professional life. I think that I am always able to recognize the "traps" into which I could fall in time, and that I can hopefully prevent others from making similar mistakes. I have been in a lot of situations where I would have greatly benefited from a mentor myself, so I am happy to pass on my experiences to younger female scientists.

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Meine Tätigkeit als Mentorin hat mich ermutigt, für meine eigenen Zukunftspläne einen erfahrenen Kollegen in dem Umfeld, in das ich will, als Mentor zu suchen. Alleine aber die Erfahrung, wie positiv es aufgenommen wird, wenn man jemanden um Mentoring bittet, empfinde ich bereits als Gewinn.

My activities as a mentor encouraged me to look for a mentor myself, and I asked a senior colleague in the professional area I wanted to work in to act as my mentor. For me, it was a genuinely rewarding experience to see how positive others react when being asked to act as mentor.  

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Meine Mentee ist Diplomandin mit Schwerpunkt Geophysik in Frankfurt. Sie ist sehr aufgeschlossen und ehrgeizig. Zu Beginn unserer Kooperation stand sie kurz vor dem Beginn ihrer Diplomarbeit, die sie in den nächsten Monaten abschließen wird. Durch unsere Gespräche hat sie sicherlich vieles an Arbeitstechniken gelernt, ohne es ausprobieren zu müssen. Wir haben viel über Organisation, den üblichen "Hänger", wenn man mitten drin plötzlich das Gefühl hat, es nie zu packen, usw. gesprochen. Ich konnte sie ermutigen, an einer Tagung für junge Geophysiker mit einem Posterbeitrag teilzunehmen. Sie hat das mit ihrem Chef besprochen, der sehr begeistert von der Initiative war und die übrigen Diplomanden gleich verdonnert hat, auch mitzumachen. Dass es die Tagung gibt, hat meine Mentee herausgefunden, ich habe sie eigentlich nur ermutigen müssen. Inzwischen bewirbt sie sich auf Dissertationsstellen und war am GFZ in Potsdam, also einer der ersten Adressen in Deutschland, zum Vorstellungsgespräch. Ein Ergebnis hat sie noch nicht. Wir kontaktieren uns nach wie vor in loser Folge, aber inzwischen ist es eher ein Reden von Frau zu Frau als von Mentorin zu Mentee und in meinen aufwühlenden Zeiten hat sie auch manche Aufmunterung in meine Richtung geschickt, die dann immer begann "Du würdest mir jetzt sagen...!" Diese Kooperation würde ich als sehr erfolgreich und gewinnbringend für uns beide bezeichnen. Ich habe viel von meinen Verhaltensweisen reflektiert und konnte meiner Mentee, die sehr eigenständig und aktiv ist, viele Tipps geben.

My mentee is about to take her university degree in geophysics in Frankfurt. She’s very open-minded and ambitious. When we began our cooperation, she was about to start her diploma thesis which she will finish in the next few months. In our talks, she certainly learned a lot of work techniques without having to try them out herself. We talked a lot about work organisation and the only too-well known personal “lows” when you’re suddenly convinced that you’re going to fail for sure. I was able to encourage her to attend a conference for young geophysicists and to submit a poster. When she told her supervisor about it, he was enthusiastic and ordered all his other diploma students to attend the conference as well. My mentee found out about the conference all by herself; I only had to encourage her slightly to pluck up her courage. Right now, she is applying for PhD positions. She was invited for an interview at the GFZ in Potsdam, one of the best addresses in Germany, and is waiting for an answer. We still get in touch from time to time, but by now we are talking as one woman to another, rather than as mentor to mentee. And when I went through some difficult times myself she sent me several emails to cheer me up, all starting with “YOU would tell ME in this particular situation….” I’d say we both had a successful and rewarding cooperation. Being a mentor gave me the opportunity to reflect on my own behavioural patterns, and I was able to help my mentee, who is a very independent and active young woman, in several ways.

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Meine Mentorinnentätigkeit war sehr intensiv, manchmal ging sie an meine Grenzen. Wir haben uns, während meine Mentee ihre Diplomarbeit geschrieben hat, meist abends bei mir im Büro im Institut getroffen, um eventuell einen Rechner zur Verfügung zu haben. Meine Mentee war oft sehr unsicher und hat mir gesagt, sie schaffe dies und das nicht. Ich bin dann als Motivationskünstlerin tätig geworden und habe sie so lange beredet, bis sie wieder Mut gefasst hatte. Das Schöne ist, dass ich das Gefühl habe, dass sie dadurch tatsächlich mit mehr Selbstvertrauen ihre Diplomarbeit geschrieben hat (bestimmt sehr gut!) und auch sonst Dinge etwas weniger kompliziert betrachtet. Sie hat sich selbstständig auf die Suche nach einer Doktorarbeit oder Alternativen gemacht. Das Endergebnis kenne ich nicht, wir haben nun eine etwas längere Pause eingelegt. Die brauchte ich auch. Insgesamt hat mir die Zusammenarbeit mit meiner Mentee die Möglichkeit gegeben, mich noch mal in ihre Lage und die damit verbundenen Unsicherheiten einzufühlen, obwohl ich ein ganz anderer Typ Mensch bin. Ich dagegen hoffe, dass ich ihr ein bisschen ein Vorbild sein konnte, manchmal auch Dinge auf sich zukommen zu lassen und mit mehr Selbstvertrauen anzugehen.

My relationship with my mentee was very intense; sometimes I reached my limits. When my mentee was working on her degree dissertation, we usually met at my office in the evening to make sure we had a computer at our disposal if we needed one. She had little self-confidence and told me frequently that she wouldn’t be able to do this or to do that. So I had to act as a "motivational artist": I assured her again and again that she could indeed do it until she finally plucked up the required courage. This seems to have worked because I got the feeling she gained enough self-confidence to write her dissertation (I am sure she did a really good job!), and I think that, in general, she has become a little more relaxed. For example, she went looking for a PhD supervisor and gathered information about career alternatives on her own initiative. I don’t know whether she found herself a supervisor or whether she decided to do something else because we have decided to take a break from our mentor-mentee relationship. I really needed it. All in all, working with my mentee has given me the opportunity to put myself in her shoes again and to remember how insecure young students can be – although my personality is very different from hers. I do hope that I was able to show her that a “wait-and-see” attitude sometimes works out nicely – and that she can trust her own abilities.      

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Eine Mentorin wird selbst Mentee: „Would you like to be my mentor for an e-mail or two?“

Gefragt, ob ich Mentorin im Hessischen Mentorinnennetzwerk werden wolle, wurde ich im Jahr 2004. Seinerzeit arbeitete ich am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz und die Verbindung zum Hessischen Mentorinnennetzwerk war entstanden über das Minerva-FemmeNet der Max-Planck-Gesellschaft. Zuerst war ich etwas erschrocken: Was würde mir das bringen, hätte ich Zeit dafür mitten in der eigenen Qualifikationsphase und auf einer Post-Doc-, also Zeitstelle, und vor allem, würde ich das können? Doch willigte ich nach einigem Überlegen und Zögern ein. Inzwischen liegen zwei Mentoringpartnerschaften hinter mir, zwei sehr unterschiedliche Mentees, zwei sehr verschiedene Erfahrungen und zwei völlig andere Ergebnisse. Während beider Partnerschaften habe ich mir staunend selbst dabei zugesehen, dass ich das kann, mit unterschiedlichen Menschen umzugehen, habe gelernt, dass ich Erfahrungen gesammelt habe, die es wert sind, weiter gegeben zu werden. Dies hat mir ganz persönlich Selbstvertrauen gegeben und meine Sicht auf mich selbst verändert. Wichtiger aber für diesen Bericht ist mir etwas anderes: Die Arbeit als Mentorin hat mir auch gezeigt, was ein Mentor bewirken kann und wie wertvoll diese Hilfe sein kann. Ich selbst war ja ebenfalls gerade an einem Wendepunkt, denn mein Vertrag am Max-Planck-Institut war ein Zeitvertrag. Mein Ziel Ende 2005 war es, eine Post-Doktorandenstelle in den USA zu finden. Ohne selbst Mentorin zu sein, hätte ich Skrupel gehabt, jemanden um Hilfe zu bitten. So aber hatte ich durch meine eigene Tätigkeit als Mentorin gelernt, wie Mentoring funktioniert, was es bringen kann und dass man es durchaus erbitten darf, ja sogar sollte, denn die aktive Rolle liegt immer bei der Mentee. Ich wechselte also die Rolle und überlegte, wer in meiner Situation für mich hilfreich sein könnte.

„Would you like to be my mentor for an e-mail or two?“
war dann die Frage, die ich einem mir von einer Tagung gut bekannten Kollegen aus den USA gestellt habe. Obwohl er „senior scientist“ ist und zu diesem Zeitpunkt wegen einer Abgabefrist mehr als genug zu tun hatte, willigte er spontan ein. Besonders überrascht war ich dann von seiner Professionalität. Als wir uns zwei Monate später anlässlich einer Tagung trafen, reservierte er eine komplette Mittagspause für mich – sehr viel Zeit am Rande einer großen, internationalen Tagung! In diesen zwei Stunden verschaffte er sich einen detaillierten Überblick über meinen Lebenslauf, ließ sich berichten, worauf ich hinaus wollte und was ich auf dem Weg dahin bereits unternommen hatte. Ich fühlte mich sehr an das erinnert, was wir in unseren Seminaren lernen: „Erzählen lassen, keine Vorgaben machen...“. Am Ende des Gespräches stand ... ein Plan.

Leider scheiterte dieser Plan an den Finanzen, wie so oft in der Wissenschaft. Dennoch war der Anfang gemacht und Freund Zufall konnte helfend einspringen: Wenige Tage nachdem wir erfahren hatten, dass die Finanzierung nicht zu Stande kommen würde, hörte mein Mentor, dass ein Kollege eine Stelle aber noch keinen Kandidaten hatte. Für mich war die Entscheidung nicht leicht, denn die angebotene Stelle würde zwar näher an „meinem“ Fach liegen als das, was ich in den vergangenen sieben Jahren gemacht hatte, aber es würde ein kompletter Neuanfang werden. Was tun? Und wieder die Frage: Würde ich das können? Um es kurz zu machen: Mein Mentor hat meinen Entscheidungsprozess unterstützt, meine Zweifel ernst genommen und nachdem die Entscheidung für die Stelle gefallen war, meinen Wechsel hierher begleitet. Er ist noch heute für mich ein guter Ansprechpartner. Anders gesagt: Ein Jahr nach meiner ersten Mail saß ich im Flieger zum Vorstellungsgespräch, auf den Tag genau ein Jahr und sechs Monate nach meiner ersten Mail bezog ich meinen neuen Schreibtisch hier am Lunar and Planetary Institute in Houston. Ohne Mentor wäre ich heute nicht hier, denn durch sein Netzwerk ist ein Kontakt zustande gekommen, der andernfalls niemals zustande gekommen wäre.

How a mentor herself becomes a mentee: Would you like to be my mentor for an email or two?

In 2004, I was asked to be a mentor in the Hessian Mentorinnennetzwerk. Back then, I was working at the Max Planck Institute for Chemistry in Mainz, and the contact was made via Minerva-FemmeNet, the Max Planck Society’s mentoring programme for female scientists which is cooperating with the Mentorinnennetzwerk. At first, I was slightly worried: What would be in it for me, would I be able to spend enough time on it even though being right in the middle of my own “qualification period” in a temporary post-doc position, and, above all – could I really do it? But after initial hesitation, I finally agreed. Today, I am looking back on two mentoring partnerships: two mentees with very different personalities, two different experiences and two altogether different results. During both these partnerships I surprised myself over and over again: Because I could indeed do it, because I easily dealt with altogether different people, because I learnt that I have already gathered a lot of experience that is worth passing on to others. This has boosted my self-confidence and made me see myself in a different light. But what is more, I learned what mentors can bring about and how valuable their support can be. At the time, my career had also come to a turning point because my position at the Max Planck Institute was only temporary. At the end of 2005, I wanted to find a post-doc position in the US. Had I not been a mentor myself, I wouldn’t have dared to ask somebody else for help. But I knew now how mentoring worked, what benefits it might bring and that one can or even should ask for it, because it is up to the mentee to develop initiative. I therefore decided to become a mentee myself and thought about who might support me in my plans.

“Would you like to be my mentor for an email or two?” – that’s what I asked a colleague of mine from the US whom I had previously met at a conference. Although he was a senior scientist and had a deadline to meet, he spontaneously agreed. What surprised me most was his professionalism. When we met two months after my initial approach at a conference, he had reserved a whole lunch break just for me – quite a lot of time for someone attending an international conference! We had two hours during which I was able to give him a detailed account of my CV, tell him what I wanted to achieve and what I had already done in order to get there. This reminded me a lot of what I had learned during my seminars: Let the mentee do the talking, don’t point out a direction… At the end of our talk we had… a plan.

Unfortunately, that plan was thwarted by funding problems as is so often the case in science. But it was a starting point – and chance stepped in: Just a few days after we had learned that we wouldn’t be able to procure enough money, my mentor heard from a colleague of his who had an open position but no applicant yet. For me, this was a tough decision: The position was in accordance with my actual “profession” and closer to my original area of expertise than all I had done during the past seven years – but it also meant a completely new beginning. So what was I to do? And once again I asked myself: Could I really do it? To cut a long story short: My mentor supported me throughout the decision-making process, took my fears and doubts seriously and saw me through the transition once I had made my decision. He is still one of my most valued contact persons. In other words: One year after I had written him an email I was on the plane that took me to the job interview, and precisely one and a half year after that email I moved into my new office here at the Lunar and Planetary Institute in Houston. Without my mentor I wouldn’t be here today – only through his personal network I was able to establish a contact I wouldn’t have made otherwise.